Autor anonymous
Datum 06.07.2002 11:07
Beiträge: Hallo Manuela,
Hallo Uwe,

das war ärgerlich - ich war fast fertig mir meiner Antwort und da schmierte die Elektronenscheuche ab.
OK, auf ein Neues:


Lieben Dank für Eure Reaktionsschreiben! Ich antworte in Stichpunkten gern auf Eure Fragen, die ich z.T. auch in Notes von anderen las:

- Die VORGESCHICHTE ist eine sehr lange. Ursache meines HC's ist mit 99%iger Sicherheit ein kindlicher Sturz im Alter von 8 Jahren mit schwerer Gehirnerschütterung (Aussage der beh. Ärtzte). Ich habe über viele Jahre Kopfschmerzen gehabt - aber ich hatte auch immer eine Erklärung dafür: Bierchen, Zug bekommen, Streß, falsch gelegen und verspannt, ... Wer kommt schon auf HC?
Nun, als es schlimmer wurde und ich (medizinisch im Freundeskreis unterstützt) ahnte, da steckt mehr dahinter, wurde auf dem eingeforderten CT erkannt, daß meine Ventrikel stark vergrößert sind.
Bis hierher kann ich nur jedem raten, das Zepter nie aus der Hand zu geben und selbst aktiv den Diagnoseprozeß voranzutreiben. Ich habe alle Befunde in Kopie und alle Befunde selbst bzw. mit fachverständigen Freunden durchgearbeitet. Wäre ich passiv geblieben und nur von Arzt zu Arzt gerannt, bekäme ich vermutlich immer noch den Rat "lassen Sie sich von Ihrer Frau massieren".

- Die OP kam für mich dennoch sehr überraschend, weil zwischen Erkennen (CT) und der OP nur ca. 8 Wochen lagen. Und das da jemand an "meinem Heiligtum" herumbohrt, daß belastete mich doch sehr. Nein, um es genau zu sagen: Ich hatte nackte Angst!

- Der Begriff "DRUCKLOS" ist flappsig gemeint und soll heißen, daß ich von vermutlich 200...250mmWs auf mittlerweile eingestellte 100mmWS reduziert bin.

- POSITIV an meinem Shunt ist, daß ich ein Leben "ohne" Kompfschmerz lebe. OK, manchmal noch, aber eben nicht mehr diese Dauerphasen über ein Wochenende oder gar eine ganze Woche. Heute stehe ich morgens manchmal mit dem altebekannten Druck-Gefühl auf (früher eine schreckliche Perspektive) und dann "klickert" es. Ich kann meinen Shunt deutlich arbeiten hören. Dann weiß ich: "Nach 5 Minuten stellt sich Normalität ein" ICH LIEBE MEINEN SHUNT!

- MEIN SHUNT ist ein magn. programmierbarer der Fa. JOHNSON&JOHNSON, Codman - The Hakim(TM), inzwichen 100mmWS eingestellt. Ich glaube, daß ich mit der Einstellung sehr zufrieden sein kann. Ich trage ihn jetzt seit fast 2,5 Jahren.

- NEGATIV an "Zwicki" ist, daß mich der Schlauch im Bauchraum z.T. ärgert. Er reizt mein Zwerchfell - ich bekomme dann plötzlich Seitenstiche (UWE !) und das Gefühl kurzzeitiger Atemnot (Atemnot hört sich schlimmer an, als es ist). Diese unangenehmen Schmerzen ziehen sich als Phantomschmerz z.T. über die ganze linke Oberkörperhälfte und tauchen oft als Stechen in der Schulterregion auf. Anfänglich (bis ca. 2 Wo. nach OP) hatte ich sehr starke Schmerzen im unteren Bauchraum - und sogar noch tiefer. Das aber ist vorbei.

- Sehr starke NEBENWIRKUNGEN (Erbrechen, Schwindel, Starke Kopfschmerzen im Stehen, ...) hatte ich in der ersten Umstellungsphase von ca. 2 Monaten nach OP. Seestörungen hatte ich nicht, mein Augendruck war immer (?) unauffällig.

- NEGATIV an meiner Umstellung ist, daß ich z.T. einen neuen Körper zu bewohnen scheine. Meine ehemals sehr hohe, konstante Leistungs- und Ausdauerfähigkeit ist wechselhaft und wetterfühlig geworden. Dinge, die mir früher locker von der Hand gingen, sind heute anstrengend(er). Ich habe damit ein psychisches Problem. Andere würden sagen, ich beklage mich auf hohem Niveau und habe inzwischen einen Status nach OP erreicht, der keine Klage zulasse. Ich fahre wieder Rennrad, spiele Schlagzeug, fliege in den Urlaub, gehe in die Sauna (erwähne das, weil es mal im Forum Thema war - eigentlich gehe ich kaum in die Schwitzkabine), und, und, und ... - ich habe eigentlich fast keine Einschränkung mehr. Nur Joggen, Springen, Laufen ist vorbei - das zieht mir den Kopf leer und führt zu sehr unangenehmer Nebenwirkung, die ich mit "steifer Rücken" umschreibe. Alles in Allem ein hohe Niveau, das mich glücklich macht, ja - mich aber belastet die Nichteinschätzbarkeit meiner Form, Laune und Reizbarkeit, die Wechselhaftigkeit und Unverläßlichkeit meines ehemals so konstanten "Fahrwerks" Körper. Mich belastet es, heute auf die Wetterkarte schauen zu müssen um Ursachenforschung zu betreiben - ich kannte das alles nicht und habe eben ein Umstellungsproblem, mich daran zu gewöhnen. Nicht immer habe ich Menschen um mich, die mir beruhigend sagen können: "Kein Problem, deine Abgeschlagenheit heute - das habe ich bei dieser Wetterlage immer". Ich bin in solchen Phasen orienierungslos und gereizt, weil ich mir die Antwort oft nur von außen holen kann. Ich habe das bislang nicht gelernt und der hohe Anspruch an mich selbst wurde bislang immer erfüllt. Ein Teil kommt sicher daher, daß ich keine 20 mehr bin - dieser Teil aber hat sich ja entwickelt. Die Aspekte nach OP sind ja "plötzlich da". Am schlimmsten sind die Nebenwirkungen, die ich als solche gar nicht erkenne - ich bin daher so dankbar für die letzten Tage, in denen meine Frau und ich durch die Foren im WWW viele Parallelen gefunden haben. Ich brauche den offenen Austausch mit jedem, der da offen beisteuern möchte.

- NEUROLOGISCHE Ausfälle habe ich keine (nächster Punkt, der glücklich macht). Nur eben, daß Gefühl, daß manches mit mehr Kopf-Aufwand gesteuert werden muß und daher anstrengender ist.


So - ich denke das ist ausfürhlich genug für's erste
Ich wünsche allen ein schönes Wochenende

Gruß
Andreas - "Doktorchen" (hat nix mit Medizin zu tun)


Diese Seite drucken
Diese Seite schließen

Dieser Artikel kommt von: Die Welt der Medizin und des Hydrocephalus

http://www.hydrocephalus-muenster.org/