Normaldruckhydrocephalus
05.07.2005

Normaldruckhydrocephalus Die klinische Diagnose eines Normaldruckhydrocephalus ist bei Vorliegen der typischen Symptomatik und Bildgebung in der Regel nicht schwer, als wesentlich schwieriger gilt die Selektion der Patienten, die von einer Liquorableitung profitieren. Definition und Epidemiologie Notwendige Kriterien zur Diagnose eines Normaldruckhydrocephalus (NPH) sind die typische klinische Trias aus Gangstörung, kognitiven Defiziten (nach einigen Studien bis zu 100%) (De Mol, 1986) und Harninkontinenz (45 - 90 %) sowie bildgebend die Erweiterung der Hirnventrikel in der Computertomographie (CT) oder Kernspintomographie (MRT) (Adams et al., 1965). Für die Diagnosestellung werden 2 der 3 klinischen Kriterien verlangt (Hebb et al., 2001), wobei die Gangstörung als obligat angesehen wird (Hakim et al., 2001). Zur Abgrenzung gegenüber dem obstruktiven Hydrocephalus sind kommunizierende Liquorräume Voraussetzung. Damit handelt es sich um eine paradoxe Kombination von Ventrikelerweiterung mit normalem Liquordruck. Unterschieden wird ein primärer oder idiopathischer (iNPH) und ein sekundärer Normaldruckhydrocephalus (sNPH). Während sich der erstere typischerweise ab der 6. Lebensdekade manifestiert, kann der sekundäre NPH in jedem Lebensalter auftreten. Erheblich erschwert wird die Diagnose durch koinzidente Erkrankungen wie M. Alzheimer, Binswanger Erkrankung oder Multiinfarktdemenz. So wurden selbst bei bioptisch gesicherter Alzheimer Erkrankung Besserungen nach Ventilimplantation beschrieben (Bech et al., 1999). Die Inzidenz des kongenitalen Hydrocephalus wird auf 1-4/1000 Geburten geschätzt, wobei die im Erwachsenenalter erworbenen Hydrocephalus etwa 50 % aller Hydrocephalusdiagnosen einnehmen. Ein sekundärer NPH kann sich nach Subarachnoidalblutungen (23 %), Schädelhirntrauma (12,5 %) und Meningitis in 4,5 % entwickeln (Meier et al., 1999). Infarkt- oder intrakranielle Massenblutungen, vaskuläre Malformationen, Epiphysentumoren oder anderen Tumoren mit hohem Liquoreiweiß (z.B. Akustikusneurinom), Arnold Chiari Malformation, Zysten oder andere Erkrankungen, die mit der Liquorresorption in den arachnoidalen Granulomationen interferieren, tragen mit 2-4 % bei (Chahlavi et al., 2001). Der Anteil von Kraniopharyngeomen, neurochirurgischen Eingriffen, Trauma, Sarkoidose oder Bestrahlung liegt bei weniger als 1 %. Dabei ist der Liquoröffnungsdruck häufig leicht erhöht. 0,25 % aller Krankenhauseinweisungen in den Vereinigten Staaten gehen auf die Indikation Hydrocephalus zurück. Die Häufigkeit des idiopathischen NPH bleibt unklar. Bei einer Tür-zu-Tür Untersuchung in Starnberg Anfang der 1990er Jahre fand sich eine Prävalenz von 0.4% bei über 65jährigen Personen (Trenkwalder et al., 1995). Pathophysiologie Die Pathophysiologie des NPH ist noch nicht endgültig geklärt. Zurzeit gibt es kein Modell, welches die Entwicklung eines NPH hinreichend zu erklären vermag. Normalerweise wird der Liquor abhängig vom Liquordruck und dem venösen Druck über der Konvexität zurückresorbiert. Häufig, besonders beim symptomatischen NPH aufgrund einer Subarachnoidalblutung, wird die Initiierung auf eine Liquorresorptionsstörung zurückgeführt. Als andere mögliche Ursachen der Liquorresorptionsstörung wurden reduzierter Blutfluss und Metabolismus (Waldemar et al., 1993), Ausdehnung der periventrikulären weißen Substanz (Fisher, 1982), erhöhte Druckdifferenz zwischen Ventrikeldruck und Subarachnoidalraum ("transmantle pressure") (Conner et al., 1984), asymptomatisch abgelaufene Meningitiden oder andere Ursachen postuliert. Nach neueren Arbeiten wird das Vorliegen eines "transmantle pressure" bei Patienten mit einem idiopathischen NPH jedoch in Frage gestellt (Stephensen et al., 2002). Kommt es zu einem erhöhten intrakraniellen Druck, so werden vor allem die an der Konvexität gelegenen Plexus ausgepresst. Elastizitätsdifferenzen und physikalische Eigenschaften des Gehirns führen dazu, dass trotz kommunizierender innerer und äußerer Liquorräume Scherkräfte eine zähe "Auswärtsbewegung" der Gehirnmasse in Gang setzen und letztlich zu dem typischen Bild des NPH führen. Hand in Hand hiermit gehen Diffusion von Liquor durch die Ventrikelwände (Liquordiapedese) mit periventrikulärer Ödembildung, Verschlechterung der lokalen zerebralen Blutversorgung im periventrikulären Marklager und schließlich Läsion von Fasern der Corona radiata. Eine andere Möglichkeit, welche bei der Entstehung des idiopathischen NPH diskutiert wird, ist die primäre Affektion des periventrikulären und des tiefen Marklagers durch eine funktionelle Minderperfusion. Sowohl Läsionen des tiefen als auch des periventrikulären Marklagers fanden sich bei MRT Untersuchungen bei Patienten mit idiopathischem NPH weitaus häufiger als bei altersgleichen Kontrollkollektiven (Bradley et al., 1991, Jack et al., 1987, Krauss et al., 1997). Eine arterielle Hypertonie liegt häufig bei Patienten mit idiopathischem NPH vor, und wird von einigen Gruppen als Risikofaktor angesehen (Bateman, 2000, Graff-Radford et al., 1987, Krauss et al., 1996). Normalisiert man den intrakraniellen Druck, kommt es wahrscheinlich relativ rasch zu einer Änderung des Blutflusses im Marklager und später zu einer Rückbildung der Erweiterung der inneren Liquorräume (Hakim et al., 2001). Diese ist jedoch aufgrund der bereits abgelaufenen plastischen Veränderungen in der Regel nur unvollständig. Untersuchungen Die Aussagekraft der klinischen Symptome sowie der präoperativen Tests hängt von Patientenalter, Geschwindigkeit und Progredienz, der Ätiologie, und dem Gesamtzustand des Patienten ab. Kein einzelnes Symptom oder einzelner Test gilt als prädiktiv für einen iNPH. Eine Metaanalyse, die 35 unabhängige Studien zwischen 1966 und 2000 einbezogen hatte (Hebb et al., 2001), kam zu folgenden Ergebnissen: Motorische Symptome: Die Gangstörung (bis zu 92 %, nach manchen Autoren obligates Symptom) ist klinisch das häufigste Symptom des NPH. Die Phänomenologie der Gangstörung zeigt eine große Varianz und ist abhängig vom Stadium der Erkrankung (Krauss et al., 2001). Anfangs kann nur eine leichte Unsicherheit vorliegen, welche von den Patienten gelegentlich als Schwindel bezeichnet wird. Später entwickelt sich der typische "frontale Abasie/Astasietyp" mit Gleichgewichtsstörungen, verkürzter Schrittlänge, breitbasiger "magnetischem Gang", Start- und Schreithemmung mit Schwierigkeiten beim Umdrehen, assoziiert mit Tonuserhöhung bis hin zur spastischen Paraparese, lebhaften Eigenreflexen teilweise mit Babinski-Zeichen, sowie enthemmtem Orbicularis-oris Reflex und Palmomentalreflexen. Motorische Reaktionen sind verspätet und langsam. Ein "gait ignition failure" wurde bei 30% von NPH Patienten gefunden, und ein "Freezing" bei über 50% (Giladi et al., 1997, Petzinger et al., 1994). Fehlende Gangstörung oder Entwicklung der Gangstörung nach der Demenz signalisieren eine schlechtere Prognose (oder falsche Diagnose), wobei die Demenz die niedrigste postoperative Besserungswahrscheinlichkeit aufweist. Die bevorzugte Beteiligung der Beine wird auf den ventrikelnahen Verlauf der Pyramidenbahnaxone zu den Beinen erklärt, wohingegen die Verbindungen zu Arm und Gesicht mehr lateral verlaufen (Yakovlev, 1947). Eine in fortgeschrittenen Fällen bestehende Apraxie der oberen Extremitäten lässt sich z.B. durch die Unfähigkeit, ein verpacktes Bonbon auszupacken und in den Mund zu stecken, zeigen. Bei etwa der Hälfte der Patienten finden sich auch extrapyramidale Symptome wie Hypomimie, Hypokinese und Bradykinese, seltener auch Ruhetremor und Rigor (Krauss et al., 1997). Harninkontinenz: Die Harninkontinenz, die in etwa 43% der Patienten zu beobachten ist (De Mol, 1986), ist nicht Ausdruck der beginnenden Demenz, sondern ein motorisches Symptom. Zu dem imperativen Harndrang gesellt sich die Gangbehinderung, die ein rasches Aufsuchen der Toilette erschwert. In späteren Stadien verhindert eine Frontallappeninkontinenz das Bewusstwerden des Harndranges. Stuhlinkontinenz findet sich nur in schweren Fällen. Demenz: Testpsychologisch lässt sich ein kognitives Defizit fast bei jedem Patienten mit NPH nachweisen (Merten, 1999). Innerhalb der behandelbaren Demenzen (Depression, Medikationsinduziert, Vitamin B12 Mangel, Hypothyreose, Hirntumore) nimmt die NPH Demenz mit etwa 10 % den vierten Platz ein (Freter et al., 1998). Das - sehr variable - mentale Defizit von NPH Patienten entspricht einer subkortikalen Demenz, wie es ansonsten bei Frontalhirndemenzen vorliegt mit Antriebsmangel, Verlangsamung psychischer und motorischer Prozesse, affektiver Indifferenz, fehlender Störungsreflexion sowie Gedächnis- und Aufmerksamkeitsstörungen. Es scheint, als ob die intellektuellen Fähigkeiten vorhanden sind, aber in einem schlafenden, latenten vernebelten Zustand mit Verlust von Agilität, Spontaneität und Kommunikation (Hakim et al., 2001). Fragen werden nicht sofort beantwortet (akinetischer Mutismus), aber nach Insistieren verzögert und doch noch korrekt. Demgegenüber antwortet ein Alzheimerpatient schnell aber falsch. Axiale Computertomographie Das CT hat den größten Durchbruch in der NPH Diagnostik erbracht. Es ermöglicht die Bestimmung der Ventrikelgrösse, der Konturierung der Gyri und Sulci, und, in begrenztem Maß, mögliche zugrunde liegende pathologische Veränderungen. Typischerweise findet sich überproportionale Seitenventrikelvergrößerung bei in der Regel fehlender kortikaler Atrophie sowie eine Ballonierung der Vorderhörner der Seitenventrikel und eine Ausrundung des Temporalhornes mit keiner oder nur geringer Hippokampusatrophie. Es finden sich periventrikuläre Hypodensitäten frontal betont, die wahrscheinlich durch transependymale Liquodiapedese und funktionelle Minderperfusion entstehen. Alle Ventrikel können betroffen sein. Fokale Erweiterungen der Liquorräume wurden beschrieben und interpretiert als atypischen Liquorreservoirs (Holodny et al., 1998). Der prädiktive Wert von periventrikulären Hypodensitäten ist umstritten und wird als gering eingestuft (Hebb et al., 2001). Kernspintomographie Das MRT liefert zusätzlich folgende Information, insbesondere auch durch beliebige Schichtführung: Sagittal Ausdünnung des Corpus callosum, coronar Hippokampusgröße sowie T2 gewichtet Ausmaß der periventrikulären Signalanhebungen. Letztere bildet sich nach Shuntimplantation häufig zurück. Das Vorhandensein eines Flow void im Aquädukt und im distalen dritten Ventrikel erlaubt es nicht per se die Diagnose eines NPH zu bestätigen bzw prognostische Abschätzungen für eine Besserung nach Shuntoperation zu geben (Krauss et al., 1997). Mit der Phasenkontrast-Flußdarstellung (evtl. mit zusätzlichem kardialem gating) ist es möglich die Liquorströmung zu quantifizieren, ohne dass dieses bisher klinische Routine ist, und Turbulenzen im vierten Ventrikel und dorsal des dritten Ventrikels nachzuweisent (Dixon et al., 2002). Im Vordergrund steht die Anforderung an den neuroradiologischen Befund, dass Hirnatrophie nicht die Ursache für die Ventrikelerweiterung darstellt. Der Nachweis tiefer Marklagerhyperdensitäten sollte Patienten von einer Shuntoperation nicht ausschließen (16). Das Ausmaß der klinischen Befundbesserung korreliert jedoch im allgemeinen negativ mit der Ausdehnung sowohl der periventrikulären als auch der tiefen Marklagerläsionen (Krauss et al., 1996). Diagnostische Tests: Diagnostische Unsicherheiten entstehen am häufigsten bei protrahiertem langjährigen Verlauf, wenn eine unvollständige klinische Symptomatik vorliegt, wenn die kognitive Beeinträchtigung dominiert und wenn CT und/oder MRI zusätzlich zur Ventrikelerweiterung eine ausgeprägte kortikale Atrophie oder multiple vaskulärere Läsionen zeigen. Die klassische klinische Trias des NPH erzielt einen positiven prädiktiven Vorhersagewert von 65 % sowie einen negativen prädiktiven Wert von 82 % (Vanneste et al., 1993). Der Sinn der diagnostischen Tests besteht darin, diese Werte zu verbessern. Diagnostische lumbale Liquorpunktion (mit Druckmessung) ("spinal tap test"):< Eine Liquorpunktion ist bei jedem Verdacht auf NPH erforderlich, um einen normalen Liquordruck sicherzustellen, eine mögliche ursächlich zugrunde liegende Meningitis und selten einen spinalen raumfordernden Prozess mit stark erhöhten Liquorproteinwerten zu erfassen. Die im Rahmen dieses Tests vorgenommene einmalige Liquorentnahme soll einen Shunteffekt im Vorgriff simulieren. Der Test ist einfach durchzuführen, weit verbreitet, kontrollierte Studien dagegen rar (Hakim et al., 1965, Wikkelso et al., 1986). Die Besserung der klinischen Symptomatik, insbesondere der Gangstörung, relativ rasch nach lumbaler Liquorentnahme (30 bis 50 ml) gilt neben der Klinik und der Bildgebung als wesentlichstes klinisches Kriterium, die allerdings nur in eindeutigen klinischen Besserungsfällen einen positiven prädiktiven Wert besitzt und im Non-responder-Fall einen NPH nicht ausschließt (Bret et al., 1990, Hebb et al., 2001, Malm et al., 1995, Walchenbach et al., 2002). Eine Wiederholung der Lumbalpunktion bei nicht eindeutigem Ergebnis ist sinnvoll, wobei einige Tage zwischen beiden Punktionen liegen sollten. Als Alternative kann auch eine Dauerableitung des Liquors über mehrere Tage über eine Lumbaldrainage vorgenommen werden (Chen et al., 1994, Haan et al., 1988). Liquorinfusionsteste: Nach der Erstbeschreibung (Katzman et al., 1970)(1970) haben viele Autoren Resistance to Outflow (Rcsf) Messungen des Liquors vorgenommen, um Patienten mit fraglichem NPH einer Shuntimplantation zuzuführen. Während der ursprüngliche Test auf constant flow infusion basiert war, wurde von anderen konstante Druck- (Borgesen et al., 1982, Ekstedt, 1978) und Bolusinfusionstechniken entwickelt (Marmarou et al., 1975). Obwohl die Verwendung des Rcsf einerseits gute bis exzellente Resultate ergab (Borgesen et al., 1982, Hartmann et al., 1977, Lamas et al., 1979, Nelson et al., 1971, Tans, 1979, Tans et al., 1984, Tans et al., 1985), verhinderten negative Berichte (Graff-Radford et al., 1989, Janny et al., 1981, Kosteljanetz et al., 1990, Malm et al., 1995, Stein et al., 1974, Wolinsky et al., 1973) eine weite Anwendung. Verschiedene Infusionsteste, sei es zur Messung der Compliance oder als lumboventrikulärer Perfusionstest, haben sich im Laufe der Zeit durchweg als nicht robust genug zum routinemäßigen Einsatz in der klinischen Diagnostik erwiesen (Hebb et al., 2001). Allerdings gehen andere Autoren von einem besonders relevanten resistence to CSF outflow test aus, der bei Werten von > 10 mm Hg /ml/min pathologisch sein soll (Albeck et al., 1998). Kontinuierliche Liquordruckmessung Bei der intraventrikulären Langzeitdruckmessung gilt ein hoher Anteil von sinusoidalen 0,5 bis 2/min B-Wellen (Oszillationen des Liquordruckes), und das Auftreten von rampenförmigen B-Wellen als pathognomonisch für einen NPH (Raftopoulos et al., 1992). Die Signifikanz der auftretenden B-Wellen ist jedoch unklar und normative Werte für eine standardisierte Auswertung der Druckkurven konnten bislang nicht etabliert werden. Polysomnographische Studien haben gezeigt, dass die Amplitude der B-Wellen in verschiedenen Schlafstadien sehr unterschiedlich und insbesonders mit dem REM-Schlaf assoziiert sind (Krauss et al., 1995). Dies muß bei der in aller Regel über Nacht durchgeführten Druckmessung berücksichtigt werden. B-Wellen werden von parallelen Oszillationen des arteriellen Blutdruckes, der Herzfrequenz und der Hirndurchblutung begleitet (Droste et al., 1994). Vereinzelt wurden typische B-Wellen auch bei nicht hydrocephalen Personen nachgewiesen (Droste et al., 1997). Das Auftreten von B-Wellen während mehr als 50% der Registrierzeit wurde als Prädiktor für eine gute postoperative Besserung nach Shuntversorgung gewertet (Borgesen et al., 1982, Bret et al., 1990, Crockard et al., 1977, Symon et al., 1975). Isotopencisternographie Seit den 60iger Jahren wurde die Isotopenzisternographie in der Diagnostik des NPH eingesetzt. Eine radioaktiv markierte Substanz wird durch Lumbalpunktion in den Liquorraum eingebracht und nach 4, 24, 48 und 96 Std. die Verteilung intra- und extrazerebral quantifiziert. Im Normalfall findet sich das Isotop über der Konvexität und nicht innerhalb des Ventrikels, wobei sich bei beim NPH bei 41 % innerhalb der ersten 24 Stunden intraventrikuläre Aktivität findet (Bergstrand et al., 1986). Suggestiv für einen NPH ist der Nachweis stagnierender Aktivität innerhalb des Ventrikels über 72 Std. ohne Verteilung über der Konvexität. Bei der Mehrzahl der Patienten findet sich jedoch eine Kombination radioaktiver Anreicherung in den Ventrikeln und über der Konvexität. Der Test wird wegen des geringen prädiktiven Wertes nicht mehr durchgeführt. Hämodynamische Tests: Hämodynamische Tests, sei es mit Hilfe der Single Photon Emissions Computer Tomographie (SPECT) oder der Positronenemissionstomographie (PET) erfassen cerebralen Blutfluss >20 ml/100 g/min mit reduzierter periventrikulärer Gefäßreaktion auf Azetazolamid, ggfs im Rahmen einer arteriellen Hypertonie. Ihre prädiktive Vorhersage für eine erfolgreiche Shuntoperation ist umstritten. Faktoren, die ein gutes chirurgisches Ergebnis vorhersagen Gangstörung steht im Vordergrund der Symptomatik Gangstörung trat vor kognitiven Defiziten auf Kurze Vorgeschichte der kognitiven Defizite Nur geringe oder moderate kognitive Defizite Geringe oder mäßige Läsionen des tiefen und periventrikulären Marklagers im MRI Wesentliche Besserung nach einer oder mehrerer diagnostischer Liquorentnahmen oder nach kontinuierlicher lumbaler Liquordrainage Auftreten von B-Wellen über mehr als 50 % der Registrierzeit während der kontinuierlichen intraventrikulären Druckmessung, auch bei wachem Patienten Widerstand des Liquorausfluss von 18 mm Hg/ml/min oder mehr während eines kontinuierlichen lumbalen Liquorinfusionstestes Faktoren unklarer Bedeutung Alter des Patienten Länge der Anamnese Vermehrte Liquorpulsationen bei dynamischen MR-Untersuchungen Untersuchungen biochemischer Marker im Liquor Negativer spinal tap test Alle Muster der Cisternographie Resultate von nur in einigen Zentren durchgeführten hydrodynamischen Tests Resultate zerebraler Blutflussmessungen Tab. 3: Faktoren die negative Operationsergebnisse vorhersagen Dominanz einer schweren Demenz Kortikale Demenz Demenz als erstes Zeichen (frgl.) Ausgeprägte zerebrale Atrophie Ausgeprägte subcorticale vaskuläre Encephalopathie BinswangerTyp (Ausnahmen!). Grundsätze der Therapie In der Literatur findet sich die gesamte Bandbreite von therapeutischem Nihilismus bis zu der Meinung, jeden Patienten mit einem liquorableitenden System zu versorgen und ggfs die Besserung abzuwarten. Konservative Therapie Die intermittierende therapeutische ist eine gute Alternative zur OP, gerade bei multimorbiden Patienten und unter Berücksichtigung der Komplikationen des operativen Eingriffs. Entscheidend ist, dass der Patient lange genug von der LP profitiert (). Operative Therapie Das Ergebnis nach einer Shuntoperation hängt entscheidend von der präoperativen sorgfältigen Auswahl der Patienten ab (). Laut Literaturübersicht (Hebb et al., 2001) profitierten im Mittel 59 % (Bereich 24 - 100 %) der Patienten von einem Shunt, davon 29 % (10 - 100 %) signifikant oder länger anhaltend(). Die Shunt-Komplikationsrate betrug im Langzeitverlauf 38 % (5 - 100 %) und 22 % (0 - 47 %) benötigten zusätzliche chirurgische Eingriffe. Das Risiko eines permanenten neurologischen Defizits betrug 6 % (0 - 35 %). Die multizentrische niederländische NPH Studie () unterschied vier verschiedene postoperative Verläufe: Etwa die Hälfte der Patienten besserte sich im ersten postoperativen Monat mit anschließend stabilem Verlauf. Ein Viertel der Patienten blieb unverändert oder verschlechterte sich. Die verbliebenen Patienten wiesen nur vorübergehende Verbesserungen oder stetig weiter zunehmende Besserungen auf (Boon et al., 1997, Boon et al., 1998, Boon et al., 1999, Boon et al., 2000, Boon et al., 1998). Die am häufigsten angewandte Therapie des NPH zur Regulation der Liquorzirkulation besteht in der Implantation eines Shuntes mit zwischengeschaltetem Ventil aus einem der Seitenventrikel zum rechten Vorhof (ventrikulo-atrialer Shunt) oder in die Bauchhöhle (ventrikulo-peritonealer Shunt) mit dem Ziel des Druckausgleiches zwischen Liquorräumen und Hirnparenchym (). Bei jüngeren Patienten ist im Hinblick auf mögliche systemische Komplikationen dem ventrikuloperitonealen Shunt der Vorzug zu geben (). Das therapeutische Fenster zwischen Über- und Unterdrainage ist eng. Verstellbaren Ventilen ist daher der Vorzug zu geben (). Bei einzelnen Patienten ist es sinnvoll, zusätzlich hydrostatische Anti-Siphon Devices zu verwenden. Eine neue Alternative zu den konventionellen Ventilen sind nicht-verstellbare hydrostatische Ventile, die möglichweise die Ausbildung von Hygromen senken (Kiefer et al., 2000). Die Shuntbehandlung des NPH ist ein dynamischer Prozess. Zunächst wird eine Senkung des intraventrikulären, unterhalb des im Sinus sagittalis superior vorhandenen Druckes erreicht. Das Parenchym füllt sich wieder auf und die Ventrikelgröße nimmt ab. Sobald eine normale Ventrikelgrösse (unter Berücksichtigung des Alters) erreicht ist, muss ein normaler Druck hergestellt werden, um die Entstehung extraaxialer Hämatome und sogenannten "slit ventricles" zu vermeiden. Für die Bemessung der Druckstufe der verwendeten Ventile gibt es unterschiedliche Empfehlungen. Eine mögliche Vorgehensweise ist es, initial postoperativ den Druck auf niedrige Werte einzustellen. Eine Überdrainage wird andererseits am sichersten dadurch vermieden, wenn initial eine höhere Druckstufe gewählt und danach gegebenenfalls herunterreguliert wird. Anpassungen müssen in beiden Fällen im weiteren Verlauf, abhängig von der Entwicklung der klinischen Symptomatik und der bildgebenden Diagnostik, vorgenommen werden


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